Samstag, 2. Juli 2011

Entre dos mundos - Zwischen zwei Welten

Heute ist der 2.Juli.
Ich sehe dieses Datum vor mir und kann es kaum fassen: 11 Monate sind vergangen seit meinem Abflug in Deutschland und nun bleibt mir nur noch ein Monat in Perú.
Ein Monat sind vier Wochen und das ist sogar weniger als die Sommerferien in Deutschland!!

Und nun lebe ich zwischen zwei Welten.

Ich will hier nicht weg.
Perú ist zu meiner zweiten Heimat geworden.
Ich kenne fast alle Straßen in Arequipa, kenne die Menschen und die Kultur.
Spanisch spreche ich mittlerweile ohne vorher nachzudenken zu müssen und meine deutschen Sätze werden oft unterbewusst mit spanischen Wörtern verschönert.
Die Mischung aus der Arbeit im Armenviertel, neuen Erfahrungen, durchtanzten Nächten, eindrücklichen Reisen und neuen Freundschaften hat mich sehr geprägt.
Der Gedanke, all das hinter mir zu lassen, schmerzt so sehr.
An den Abschied von meinen Schülern und meinen Freunden darf ich gar nicht denken.

Ich bin immer noch die gleiche Judith, aber doch ist alles anders.
Ich habe mich weiterentwickelt.
Und das macht mich nachdenklich.
Deutschland scheint einfach so weit entfernt.

Wie wird es sein auf einmal wieder auf Busfahrpläne achten zu müssen, Wetternachrichten zu hören, in der Fußgängerzone an jeder Ecke einen Mülleimer aufzufinden? Doch viel schlimmer: Wie werde ich mit der deutschen Pünktlichkeit umgehen können? Mit dem ewig steifen Händeschütteln, statt einem herzlichen Küsschen zur Begrüßung? Und mit unserem ständigen Gejammer über die Probleme, die eigentlich gar keine Probleme sind?

Bei diesen Gedanken möchte ich einfach nur die Zeit anhalten und hier bleiben.
JA, hier bleiben, verdammt!

Doch wie gesagt, ich lebe zwischen zwei Welten.
Und der andere Teil von mir freut sich mittlerweile riesig auf Deutschland!
Denn nach 11 Monaten habe ich die peruanische Kultur und das Leben hier doch schon so gut kennengelernt, dass ich sagen kann: Es ist gut, mal wieder etwas deutsche Normalität in meinen Alltag zu bringen.
An erster Stelle wird es mir gut tun, Abstand zum südamerikanischen Machismus zu bekommen - einer Eigenschaft, mit der ich wirklich große Probleme habe.
Ich freue mich auf unsere Kulturangebote, vor allem auf Theater und unsere Bücherei.
Zwei Dinge, die ich hier in Perú wirklich vermisse!
Auch wird es eine besondere Erfahrung werden, wieder im deutschen Luxus leben zu können: In einem richtigen Bett zu schlafen und nicht auf einer Matratze auf dem Boden, immer heißes Wasser zu haben und einen Kühlschrank!
Ich freue mich riesig auf deutsches Essen: Käßspätzle oder Brezeln!!

Und dann kann ich es natürlich kaum erwarten, endlich meine Familie und meine Freunde wiederzusehen.

Und ob ihr es glaubt oder nicht: Ich freue mich sogar auf Studieren!
Ein Jahr ohne Lernstress hört sich wie das Paradies an. Doch nach spätestens sechs Monaten fühlt man sich intellektuell manchmal doch etwas unterfordert.

Nein, ich will noch nicht gehen.
Und doch merke ich, dass es Zeit dafür ist.
Y por eso vivo entre dos mundos - zwischen zwei Welten!

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