Samstag, 6. August 2011

Abschied vom Comedor

Ich wusste, dass der Abschied vom Comedor, von all meinen Kindern und den Müttern schwierig werden wird. Und doch hätte ich nicht damit gerechnet, dass so viele Tränen fließen werden.
Ich habe mich ein bisschen wie ein Mutter gefühlt, die ihrem Baby "Tschüss" sagen muss.

Die Mütter haben zur Feier des Tages eines unserer Lieblingsessen, "Papa a la Huancaina", gekocht und nach dem Mittagessen haben wir uns alle im Kreis versammelt.
Sarah und ich haben den Kindern erklärt, dass es nach einem Jahr nun Zeit für unseren Abschied ist, da wir zurück in unsere Heimat müssen um zu studieren.
Wir bedankten uns für die tolle Zeit mit allen und sagten, dass wir sehr stolz darauf sind, so viele neue kleine Freunde gefunden zu haben.
Dann ermahnten wir sie, dass sie sich auch ohne uns weiterhin gut verhalten und brav sein sollen.
Und anschließend stellten wir ihnen die neuen Freiwilligen vor, Carolin und Sabrina, die vor wenigen Tagen in Arequipa angekommen sind.
In diesem Moment begleitete mich ein gemischtes Gefühl aus Melancholie und Stolz.
Für uns ist nun endgültig dieses wundervolle und eindrückliche Jahr in La Mansión vorbei, doch das Projekt geht weiter.
Es ist wirklich schön zu wissen, dass die beiden Mädels das weiterführen, was wir angefangen haben und ich bin sicher, dass sie es super meistern werden!

Sarah und ich haben eine große Collage mit vielen Erinnerungsfotos als Verschönerung der grauen Wände im Comedor gebastelt.
Außerdem haben wir eine Erinnerungslilie gepflanzt, damit sich die Kinder und Mütter auch immer an uns erinnern werden.
Zum Schluss bekam jeder eine kleine Kerze geschenkt, die wir gemeinsam anzündeten.
Beim Auspusten sollte sich dann jeder etwas wünschen.
So erhellten viele kleine Kerzenlichter und viele kleine Wünsche den Comedor für ein paar Minuten. Es war wirklich schön.

Danach gab es viele Umarmungen, ich bekam verschiedene selbstgemalte Bilder der Kinder geschenkt und schüchterne, liebevolle "Gracias señorita Judith" und "Cuidate señorita Judith" ins Ohr geflüstert.

Als sich dann der ganze Tumult aufgelöst hatte und die letzten Kinder gegangen waren, haben wir uns von den Müttern verabschiedet.
Und da standen die Frauen, die uns vor einem Jahr noch total schüchtern und unsicher begrüßt hatten, vor uns und schwangen Abschiedsreden und umarmten uns.
Und sie hatten uns eine Dankeskarte geschrieben "Para alguien muy especial - Für jemanden sehr besonderes". Es war so rührend.
Doch das Geschenk, das ich am wenigsten erwartet hätte und das mich am meisten berührt hat, kam von einer der Mütter: Dominga.
Dominga war die Mutter, mit der ich mich das ganze Jahr über am besten verstanden habe. Immer wenn wir uns gesehen haben, haben wir ein paar Sätze miteinander gesprochen, ich habe ihren Kindern Englischunterricht gegeben und auf ihr Baby Deisi aufgepasst, wenn Dominga Wasser holen war.
Jedenfalls kam Domingo an diesem Tag auf mich zu und drückte mir ganz schüchtern ein winziges Geschenkchen in die Hand.

Als ich es öffnete fielen mir Ohrringe und ein kleiner Zettel entgegen:
"Señorita Judith. Ich danke dir für all die Hilfe, die du uns und unseren Kindern gegeben hast. Erhalte deshalb mit viel Liebe dieses kleine Geschenk. Vergiss uns nie. Wir werden dich immer vermissen. Tschüss, Dominga"

Ich war so gerührt, mit wie viel Liebe sich die Menschen aus La Mansión von uns verabschiedeten.
Und so wurde der Kloß im Hals immer größer und zum Schluss weinten wir alle zusammen.

Als ich dann im Combi nach Hause fuhr, zogen noch einmal alle Erinnerungen und gemeinsamen Erlebnisse vor meinem inneren Auge vorbei:
Der erste Arbeitstag, die Veränderung des Comedors durch die bunten Tische, die Verhaltensregeln, die wir gemeinsam aufstellten, die Weihnachtsfeier mit dem Puppenspiel von Sarah und mir, Elternabende mit den Müttern, das Zahnputzprojekt, ...

Ja, es war eine tolle Zeit in La Mansión. Oft war es anstrengend oder frustrierend, doch die meiste Zeit hat es mir wahnsinnig Spaß gemacht dort zu arbeiten.
Wir haben viel gemeinsam erreicht und sind gemeinsam gewachsen.
Ich freue mich sehr, dass das Projekt weiter geführt wird und habe mir fest vorgenommen eines Tages zurückzukommen.







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