Mittwoch, 28. September 2011

Mein Abschlussbericht - Rückblick und Vorschau



Nun sind schon fast zwei Monate vergangen, seit ich mich von meinem geliebten Peru verabschieden musste und mit sehr schwerem Herzen in das Flugzeug nach Deutschland gestiegen bin.
Es ist Zeit für einen letzten Blogeintrag.

"Und, wie wars?" - das ist die häufigste Frage, die ich gerade bei Wiedersehen mit Freunden zu beantworten versuche.
Und jedesmal bin ich wieder aufs Neue überfordert mit der Antwort.
Denn wenn ich "schön" oder "toll" entgegne, dann stimmt das zwar, wird aber den 365 Tagen voller Erfahrungen einfach nicht gerecht.
Man kann ein Auslandsjahr nicht mit einem Wort beschreiben.

Für mich war das Jahr eindrücklich in allen Facetten.
Leben in einer so fremden Kultur ist wahnsinnig interessant und spannend.
Manchmal kann man sich mit fremden Traditionen identifizieren. Und manchmal überhaupt nicht. Aber bei der Begegnung mit anderen Menschen kann Offenheit Brücken schlagen.
Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen wohl immer das Lachen ist.
Der direkte Kontakt mit extremer Armut lässt mich die Welt und das eigene Leben mit anderen Augen sehen. Oft kam ich mir sehr klein vor in einem riesigen Geflecht aus Problemen und auf der anderen Seite ist es einfach eine sehr schöne Erfahrung, zumindest eine minimale Hilfe leisten zu können.
Ich habe mein eigenes Leben viel mehr zu schätzen gelernt und sehe es als großes Glück an, auf diesem Teil der Erde geboren zu sein.
Und ich bin selbstständiger geworden und habe gelernt, mir zu vertrauen.
Die erste Busfahrt zur Arbeit und das erfolgreiche Handeln auf dem Markt waren kleine Erfolgsmomente im Alltag.
Und ich habe die wunderschöne Erfahrung gemacht, dass man sich überall auf der Welt zuhause fühlen kann, wenn man Freunde findet.

Es gab Hoch-und Tiefpunkte. Aber die Hochpunkte haben immer überwogen.

Noch immer begleitet mich Peru fast täglich.
Ich drehe lautstark Salsa-Musik auf und bringe meiner Mutter erste Tanzschritte bei, ich zeige Freunden und Familie meine Fotos und backe Picarones und mache Chicha Morada.

Am Samstag war ein großes Schulfest meines ehemaligen Gymnasiums, dem Robert-Bosch Gymnasium in Langenau.
Als Partnerschule von La Mansión und Spender für "Pueblo sin hambre", hat meine Schule einen direkten Bezug zu meinem Freiwilligendienst.
Deshalb haben Sarah und ich in einem Klassenzimmer eine Peru-Austellung organisiert.
Wir haben Fotos gezeigt und Info-Plakate gestaltet. Und ich habe die Zeichnungen und Briefe, die meine Schüler am "día alemán" für die deutschen Schüler malten, ausgestellt.
Dazu legten wir schöne peruanische Saya und Zampoña-Musik auf und ich fühlte mich fast ein bisschen wie in Arequipa.
Es war für mich sehr berührend, mit Lehrern, Schülern und Eltern über meine Erfahrungen zu sprechen und meine Begeisterung für Peru teilen zu können.

Für viele Freiwillige ist ihr Dienst nach einem Jahr beendet.
Wenn ich daran denke, wie viel Zeit es gebraucht hat, bis die Mütter endlich Vertrauen zu uns gefunden und wie sich die Kinder an mich gewöhnt haben, dann macht mich das sehr nachdenklich.
Der Abschied ist also nicht nur für mich sehr plötzlich und schmerzhaft, sondern kann auch für die Menschen vor Ort eine große Veränderung bedeuten.
Deshalb ist es mir unglaublich wichtig, ihnen zu zeigen, dass ich sie nicht vergesse und noch immer sehr viel an sie denke.
Ich will auf jeden Fall regelmäßig Briefe an den Comedor nach La Mansión schicken und so den Kontakt zu den Menschen halten.
Außerdem bin ich weiterhin Mitglied meiner Entsendeorganisation
"Claim for Dignity e.v". Und eines Tages kehre ich zurück. Das ist sowieso klar! :)

Peru hat mich geprägt, verändert und bereichert.
Peru ist ganz fest verankert in meinem Herzen und ein Teil von mir geworden.

Und Lateinamerika wird mich nicht nur im Herzen, sondern sogar im Alltag weiterhin begleiten. Während des Auslandsjahres habe ich gemerkt, dass ich mein Wissen über diesen Erdteil und meine Begeisterung für die spanische Sprache noch vertiefen möchte.
Ab Oktober werde ich Lateinamerikanistik und spanische Philologie in Berlin studieren.

Noch einmal möchte ich mich bei allen bedanken, die mich während diesem Jahr unterstützt und begleitet haben.
Danke an Claim for Dignity und den BDKJ für die tolle Vorbereitung und die Unterstützung während dem Jahr.
Danke an alle Spender für die finanzielle Unterstützung.
Danke an alle Freunde in Deutschland, die mir gezeigt haben, dass auch keine tausende von Kilometern unserer Freundschaft etwas anhaben können.
Danke Mama, dass du wirklich in allen Lebenslagen für mich da bist.
Danke an alle Menschen, die ich in Peru kennengelernt habe: Danke für die neuen Freundschaften, für die vielen lustigen Stunden, für die guten Gespräche, für viele gemeinsame Fiestas und gemeinsame Reisen.

Danke an Carolin und Sabrina, die nun unsere Arbeit in Arequipa fortsetzen.
Wer auch über ihren Freiwilligendienst informiert sein möchte, hier ihre Blogadressen:
http://www.carolin-in-peru.blogspot.com/
http://www.sabrina-in-peru.blogspot.com/

Somit endet nun mein Blog und ein neuer Abschnitt in meinem Leben beginnt.
Muchos saludos y un abrazo a todos!
Hasta luego! :)

1 Kommentar:

  1. Liebe Judith,
    deinen Blog finde ich wirklich gut. Er hat sich wie von selbst gelesen und echt Spaß gemacht. Auf Ausland.org sammeln wir gute Erfahrungsberichte von Freiwilligen, dürfen wir deinen Bericht auch veröffentlichen?
    http://www.ausland.org/de/erfahrung/berichte.html

    Ich hoffe, das ist in Ordnung für dich, melde dich doch bitte und gib uns Bescheid, ob du einverstanden bist. Wenn du möchtest, verlinke ich auch gerne deinen Blog bei uns ;)

    Liebe Grüße
    Philipp

    P.S. falls meine Kontaktdaten nicht angezeigt werden, hier meine Email: philipp.otto@volunation.de

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